Der Wiederaufbau – Nepal zwei Jahre nach dem Erdbeben

Sie erinnern sich: Vor zwei Jahren, am 25. April 2015, bebte die Erde in den Bergen von Nepal zwischen Kathmandu und Mt. Everest. Ein starkes Hauptbeben mit Stärke 7,9 auf der Richter-Skala und viele Nachbeben verschütteten tausende Menschen und zerstörten weitgehend die Infrastruktur in den betroffenen Distrikten östlich und südöstlich von Kathmandu.

Auch die Gegend in der Kinder-von-Bhandar aus Wiesbaden, nun ein Teil von Childaid Network, über fast 30 Jahre Projekte betreut und gefördert hatte, war stark betroffen. Die Zerstörung der Gebäude und Straßen dort war desaströs. Über Monate hinweg lebten die Menschen unter Planen und in Notunterkünften. Viele der Bauern verpassten den richtigen Zeitpunkt für die Einsaat, so dass im Herbst die Ernte fehlte. Die Schulen konnten oder durften nicht mehr genutzt werden, auch wenn sie nicht komplett zerstört wurden – die Menschen hatten Angst vor Nachbeben. Und viele Menschen waren traumatisiert.

Wir wollen den Jahrestag des Bebens nutzen, um darüber zu berichten, was inzwischen passiert ist. Mit Hilfe des lokalen Netzwerks der Partnerorganisation FRADS schickte Childaid Network schon wenige Tage nach den Beben Nothilfe in die Berge. Mit Eseln, teilweise zu Fuß, wo es ging auch mit Jeeps oder Traktoren, wurden Planen, Medikamente und Decken nach Bhandar gebracht und damit etwa 500 Familien notdürftig unterstützt. Staatliche Hilfe kam erst viele Wochen später. Die Menschen waren sehr dankbar für die Unterstützung in dieser Notlage. Khimmak Nirlash, nun Präsident der lokalen Partnerorganisation, berichtete: „Dies war ein freudig begrüßtes Zeichen der Solidarität aus Deutschland“.

Einige Wochen später, bereits im Juni 2015, machte sich ein Fachteam auf, um den genauen Zustand der Projektstandorte zu erfassen und erste Vorschläge für einen Aktionsplan zu entwerfen. Der Projektleiter, ein Fotograf, lokale Architekten und Bauingenieure erreichten auf einer äußerst abenteuerlichen Reise mitten in der Regenzeit fast alle Schulen zwischen 2.000 und 4.000 Meter Höhe in den Vorbergen des Himalayas. Dr. Klaus Klennert, als Senior-Advisor ehrenamtlich mit dabei, berichtete: „Viele der Wege waren nicht passierbar, wir litten unter Blutegeln und hatten nur noch durchnässte Kleidung. Aber die Menschen vor Ort schätzen den Einsatz und halfen uns, trotz der Unbill des Wetters, den Erfolg der Reise sicherzustellen.“ Sie brachten eine gute Nachricht zurück: Viele der Schulen lassen sich mit begrenztem Aufwand wiederherstellen. Nur etwa die Hälfte muß komplett neu errichtet werden.

Fieberhaft arbeitete das Team von Childaid Network an Entwürfen und Plänen, sammelte Spendengelder und bewarb sich um Zuschüsse aus öffentlichen und privaten Fördertöpfen. Die Solidarität war groß. Im Rhein-Main Gebiet zog die Aktion der Schülerinnen und Schüler ‚Dein Stein für Nepal‘ große Kreise und sammelte mehr als 100.000 € ein. Alles schien gerüstet für einen schnellen Wiederaufbau, da brach das nächste Desaster über Nepal herein.

Seit dem Sturz der Monarchie 2007 gab es in Nepal keine Verfassung. Die unterschiedlichen Parteien blockierten sich gegenseitig. Nun, nach dem Erdbeben, rauften sich die wesentlichen Entscheider zusammen und setzten im Sommer ein neues Grundgesetz für Nepal durch. Eigentlich schien das eine positive Entwicklung zu sein. Doch da sich wesentliche Minderheiten nicht eingebunden fühlten, brach ein Bürgerkrieg aus. Es gab hunderte Tote, und die Minderheiten im Süden Nepals, zum Teil unterstützt von Indien, blockierten die Grenzen. In Folge erreichten weder dringend benötigte Nahrungsmittel noch Diesel und Benzin oder Baumaterialien Nepal – die Blockade legte das öffentliche Leben still, verhinderte den Wiederaufbau und schuf neue Not. Der Tourismus, der gerade wieder zaghaft begonnen hatte, brach wieder vollkommen ein.

„Als ich Anfang Dezember nach Nepal reiste, um mit den lokalen Behörden den Wiederaufbau von Schulen zu vereinbaren und die nächsten konkreten Schritte anzustoßen, erlebte ich ein gelähmtes Land“, berichtet Dr. Martin Kasper, der ehrenamtliche Vorstand von Childaid Network. „Kilometerlange Schlangen an den Zapfsäulen waren der sichtbarste Indikator dafür, welche Folgen die Grenzblockaden hatten.“ Darüber hinaus war die nepalesische Regierung mit der Aufarbeitung der Erdbebenfolgen überfordert: 4 Milliarden $ zugesagte internationale Hilfe konnten nicht abgerufen werden, weil die Behörden in Nepal dafür nicht die Voraussetzungen schufen. Nur private Initiativen konnten erste Wiederaufbauerfolge vorweisen und damit auch für die enttäuschte Bevölkerung Hoffnungszeichen setzen.

Baustelle Kinderhaus-013_klein
Die Baustelle des Kinderhauses (Foto: Daliah Immel, www.facebook.com/DaliahImmelFotografie/)

In diesem Kontext versuchte das Team von Childaid Network dennoch Akzente zu setzen. Trotz der überhöhten Preise für Baumaterialien wurde beschlossen, die Schäden am Kinderhaus sofort zu beseitigen, damit die Kinder wieder eine komfortable Unterkunft haben. An allen Schulstandorten wurde sichergestellt, dass Behelfsschulen zur Verfügung standen. Die lokalen Partner wurden gebeten, konkrete Reparaturprojekte vorzubereiten. Mit den lokalen Behörden wurden Vereinbarungen getroffen, welche Schulen Childaid Network komplett neu bauen wird.

Als Martin Frenz, Lehrer an der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden mit einer Besuchergruppe in den Osterferien 2016 vor Ort Bestandsaufnahme machte, war er dennoch enttäuscht von dem Stand des Fortschrittes. „Es gibt hier viele engagierte Menschen, aber es fehlt an vielem – an Qualifikation, an der Unterstützung der Behörden, an verfügbaren Arbeitern.“ Die Reparatur des Kinderhauses schreitet aber nun mit großen Schritten voran und das Team vor Ort versprach auch bei den anderen Themen eine beschleunigte Umsetzung.

„Wir haben eine Zusage vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, unser Wiederaufbauprogramm für Schulen mit einer halben Million Euro dieses Jahr zu fördern. Das vervierfacht unsere Mittel,“ meint Dr. Martin Kasper. „Aber es ist mühsam, dafür die lokalen Voraussetzungen zu schaffen. Die Nepali Reconstruction Agency, ist nun eingerichtet – arbeitet aber noch nicht. Wir brauchen die Zustimmung, bevor wir loslegen können. Und auch unser eigenes Team kommt immer wieder an Grenzen.“

„Wir werden die Kinder in Bhandar nicht im Stich lassen“, betont Dr. Ute Nieschalk, die sowohl beim Verein Kinder-von-Bhandar in Wiesbaden als auch bei Childaid Network im Vorstand ist. „Es laufen intensive Bemühungen, die Teams weiter zu verstärken und neue Partner mit ins Boot zu holen. Wir sind zuversichtlich, dass es nun endlich vorangeht.“

Weitere Hilfe wird derzeit vor allem für die Unterstützung der Projekte gebraucht. Wenn Sie die Lehrer, die Kinder im Waisenheim oder die Gesundheitsprojekte fördern wollen, dann spenden Sie bitte an Childaid Network. Das ist möglich über die Webpage von Childaid Network www.childaid.net oder direkt auf das Konto bei der Commerzbank, IBAN: DE96 5004 0000 0375 5055 00, BIC: COBADEFFXXX, Stichwort „Kinder-von-Bhandar“.

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